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Bericht über die Dienstreise nach Kuba im Mai/Juni 2002 Im Rahmen der Dienstreise nach Kuba konnte ich alle 12 Projekte besuchen, die seit 1998 aus dem Titel für private Träger gefördert wurden, noch gefördert werden oder deren Anträge zum Zeitpunkt der Reise im Bewilligungsverfahren waren. Hinzu kamen Projekte in Vorbereitung (z. B. eine Zahnarztklinik in Matanzas, Familienarztpraxis in „La Dalia“) oder abgeschlossene Projekte als Beispiel für einen neuen Projektantrag, wie die ländliche Schule in Camajuani für EuroSolar oder der „Park für alternative Energien“ von CITA. Ziel der Reise war es, Kuba kennen zu lernen, vor allem die Projektrealität, heraus zu finden, ob es kubanische NRO gibt, wie sie arbeiten und ganz allgemein, wie die Zusammenarbeit mit ausländischen NRO funktioniert. Entwicklungszusammenarbeit im NRO-Bereich Bereits in der Vorbereitung erhielt ich Kenntnis vom MINVEC (Ministerio para la Inversion Extranjera y Colaboración Económica) und dessen Bedeutung für die Zusammenarbeit im NRO-Bereich. Direkt am ersten Tag in Havanna fand ein Gespräch mit Dagmar González Grau statt, der Zuständigen für die Zusammenarbeit mit Industriestaaten. Ich hatte dadurch Gelegenheit, die Aufgaben und Arbeitsweise von bengo darzustellen, insbesondere unsere Verpflichtung gegenüber den NRO. Da die Humanitäre Cuba Hilfe e. V. (HCH) schon seit längerem ein Gespräch mit MINVEC schriftlich beantragt hatte ohne eine Antwort zu erhalten, war dies eine Gelegenheit, den Termin gemeinsam wahrzunehmen, damit HCH ihr Anliegen vortragen konnte. MINVEC ist in jeder Provinzhauptstadt mit einem Büro und Angestellten vertreten. Um die Zusammenarbeit im NRO-Bereich zu regeln, werden sog. „Términos de Referencia“ unterzeichnet, ein mehrseitiges Vertragswerk mit Festlegung der Projektziele und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Vertragspartner. MINVEC ist jeweils verantwortlich, den kubanischen Eigenanteil zu gewährleisten, also die Arbeitskräfte und Materialien einzuplanen, die von kubanischer Seite eingebracht werden. Das muss dann jeweils in die Arbeitsplanung der zuständigen Ministerien (Gesundheit, Landwirtschaft, Wohnungsbau.....) und der entsprechenden staatlichen Firmen, die z. B. das Baumaterial liefern, einfließen. Auch der Transport der Spendengüter vom Hafen zum Zielort gehört zu den Verantwortlichkeiten von MINVEC. Bis auf den Kirchenrat (Partner von CBM) und evtl. Cuba Solar, das eine eigene Einnahmequelle über die Firma „Ecosol Solar“ hat, werden alle MitarbeiterInnen der kubanischen NRO von den Ministerien bezahlt, zu denen sie gemäß ihrem Arbeitsbereich gehören. Ich habe über diese Nähe zu den staatlichen Stellen weder Bedauern noch Klagen gehört. Die enge Zusammenarbeit und Abstimmung wird als selbstverständlich, vielleicht auch als Arbeitserleichterung empfunden. Ich hatte auch nie den Eindruck, dass es diesen durchweg hochqualifizierten Leuten in den NRO an Entscheidungs- und Planungsspielraum fehlte. ICAP, das Institut für Völkerfreundschaft, das in unserem Bereich wiederholt als Projektträger auftritt, spielt dagegen in der Projektarbeit meist eine untergeordnete Rolle. Die MitarbeiterInnen von ICAP etablieren, gemäß ihrer Zielsetzung (Völkerfreundschaft) den Kontakt zu ausländischen Gruppen. Wenn es ausschließlich um den Import von Sachspenden geht, können diese auch von ICAP abgewickelt werden. Sind aber finanzielle Transaktionen geplant, treten sofort das MINVEC und das zuständige Ministerium auf den Plan. Verträge müssen dann zwischen der jeweiligen Regionalvertretung von MINVEC, dem zuständigen Ministerium (z. B. Gesundheit) sowie einem Vertreter der „Begünstigten“, z. B. dem Chefarzt eines Krankenhauses, geschlossen werden. Kubanische Projektträger müssen diesen Weg kennen und gehen. Wird diese Abstimmung mit staatlichen Stellen versäumt, wird jedes Projekt in Kuba scheitern. Einkauf in Kuba:. MINVEC hat eine Firma, die „empresa ejucatora de donativos“, zur Abwicklung von Spendenangelegenheiten. Als Teil von MINVEC ist sie berechtigt, in der ZONA Franca (zollfrei) einzukaufen. Die Preise dort liegen im Allgemeinen um ca. 50% unter den sonstigen Preisen in Kuba.Bei der Überlegung, was in Kuba eingekauft werden kann, muss zunächst geprüft werden, welche der benötigten Güter in der entsprechenden Qualität in Kuba verfügbar sind, um dann einen Preisvergleich anzustellen. Dieser Vergleich ist einfach, da die Preise in den normalen Läden staatlich festgesetzt sind. Natürlich sind die Transportkosten pro Container von ca. 4.000,- € zu berücksichtigen. (Bei einem Containerinhalt von rd. 50 cbm fallen 80,-- € pro cbm an). Auch wenn manche Güter in Cuba etwas teurer sind, kann der Kauf dort sinnvoll sein, weil einerseits die Containerkosten entfallen, andererseits der doppelte Nutzen für Kuba (Kauf und Verbleib als Spende) berücksichtigt werden muss. Im Abschlussgespräch mit MINVEC regte ich an, doch eine Aufstellung von Gütern, die sinnvoller Weise im Land erworben werden können, bereit zu halten, damit nicht jede NRO von Neuem mit der Suche beginnen muss. Was fällt auf in Kuba? - Es gibt keine Straßenkinder. - Familien im städtischen Bereich haben durchschnittlich 1 – 2 Kinder, auf dem Land 2 - 3 Kinder. - Es gibt praktisch keine Analphabeten, d. h. auf dem Lande kann mit schriftlichen Materialien gearbeitet werden. Jedes Kind hat kostenlos Zugang zu Bildung. - staatliche Fürsorge erreicht jeden in Kuba. Ärztehäuser und Schulen gibt es bis in den hintersten Winkel in den Bergen. Wer den Arzt nicht von Zeit zu Zeit von sich aus aufsucht, wird von ihm besucht. - Die Kindersterblichkeit liegt gleich mit Kanada bei 6/1.000 unterhalb der in den USA. - Es gibt keine unkontrollierten Zuzug in die Städte, also keine Slumgürtel um endlos wachsende Städte. Obwohl sich das Verhältnis von Land- zu Stadtbevölkerung seit der Revolution umgekehrt hat (von 80% auf dem Land und 20% in der Stadt auf 80% in der Stadt und 20% auf dem Land lebende Bevölkerung) ist dieser Wandel geordnet abgelaufen. - Mit Kriminalität ist Diebstahl gemeint. Es gibt so gut wie keine Gewaltkriminalität. Frauen trampen ganz selbstverständlich allein durchs Land. - keine NRO beklagte sich über Korruption. MINVEC wacht darüber, dass alle Sachspenden und Gelder ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werden. - es gibt landesweit ein gut ausgebautes Straßennetz, das die Provinzen unter akzeptablen Bedingungen miteinander verbindet. - Es gibt praktisch kein Brachland. Man hat den Eindruck, das Land wird kenntnisreich und strukturiert bebaut und jede Fläche genutzt. - Die KubanerInnen haben aus der Not eine Tugend gemacht: Staatliche Programme propagieren und fördern den Einsatz alternativer Energie. Schulen und Ärztehäuser werden mit Solarpanelen ausgestattet, Windkraft wird für Bewässerungssysteme genutzt, überall halten Sparlampen Einzug, in den Städten fahren zahlreich Fahrrad- und Pferdetaxis etc. In Pinar del Rio gibt es eine eigene Produktion von Solarpanelen. Womit man in Kuba klarkommen muss: - Es gibt praktisch kein öffentliches Verkehrssystem. Zwar sieht man überall kreativ gestaltete Wartehäuschen an Bushaltestellen, Busse fahren aber äußerst selten. Für dieses Problem gibt es die kubanische Lösung der „puntos amarillos“ – gelb gestrichene Häuschen an den Ausfallstraßen der Städte, an denen die Menschen sich sammeln, um zu reisen. Hier sorgt meist ein staatlicher Angestellter dafür, dass staatliche Fahrzeuge, (sie sind sofort an ihrer Plakette zu erkennen) Tramper mitnehmen, soweit ihre Kapazität das zulässt. Dafür wird vom Reisenden ein bestimmter Betrag in Pesos in die staatliche Kasse am Häuschen bezahlt. Wird das Geld dem Fahrer gegeben, muss er es an den Staat abführen. - Es gibt zwei Parallelwährungen: Den Peso und den US Dollar. Viele Leistungen und Produkte können nur in Dollar gekauft werden (z. B. Benzin, importierte Getränke), andere nur in Pesos , wie z. B. Obst und Gemüse auf den Bauernmärkten und andere sowohl als auch. Z. B. wird ein Taxifahrer von Ausländern nur Dollar nehmen, während manche Taxis von Einheimischen in Pesos bezahlt werden können. Es gibt Geschäfte, in denen nur mit Dollar bezahlt werden kann und andere, die ihre Waren in Pesos verkaufen. Bildung und Gesundheitsversorgung sind kostenlos und darüber hinaus erhalten die Kubaner eine Grundversorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs zu einem sehr geringen Betrag in Pesos. Zusätzlich gibt es Programme, die besondere Bedürfnisse abdecken, wie z. B. ein Liter Milch täglich für Kinder unter 7 Jahren, Milch für Schwangere und alte Menschen, Joghurt für Kinder bis 12 Jahren etc. Die Kubaner können ihre Pesos zum Preis von 26:1 in US$ umtauschen. Wie das bei den niedrigen Gehältern möglich ist, hat sich mir jedoch nicht erschlossen. Es können aber auch Dollareinnahmen erzielt werden, z. B. durch Zimmervermietung. Dazu bedarf es eines staatlichen Prüfsiegels mit der Verpflichtung zu steuerlichen Abgaben. - Obgleich es einige gut renovierte Altbauten und einige ansprechende Neubausiedlungen gibt, ist die bauliche Substanz durchgängig ziemlich schlecht. Man hat den Eindruck, hier kann Kuba mit den notwendigen Renovierungen mangels Mittel und Eigeninitiative nicht nachkommen. Es gibt wenig Bewusstsein für permanente Wartung und Pflege von Gebäuden. Ist etwas defekt, wird nicht repariert, sondern man richtet sich auf dem damit erzielten niedrigeren Niveau ein. - Touristenhotels sind für Einheimische, die darin nicht arbeiten, tabu. Z. B. nur durch Vorlage der Heiratsurkunde, die die sanktionierte Verbindung einer Kubanerin mit einem Deutschen dokumentiert, können beide das Hotel betreten. Vielleicht eine Maßnahme zur Unterbindung von Prostitution? Zu einzelnen Projekten: P 2000 1581 8 – „Fertigstellung von 12 Wohnungen, Havanna“, Monimbó e. V., Dies ist der einzige Problemfall in unserer Projektlandschaft: Der Projektträger „Habitat Cuba“ wurde aufgelöst, die Projektmittel sind, wie geplant, längst ausgegeben für den Einkauf der Baumaterialien, die jetzt gut bewacht in einem Container lagern, aber die Renovierung des Hauses in der „Calle 8, Nuevo Vedado“ wurde noch nicht begonnen. Offensichtlich hat Habitat Cuba es versäumt, die Planung mit den zuständigen staatlichen Stellen abzustimmen, so dass, wie die Vertreterin des MINVEC meinte, der kubanische Projektteil nicht hinreichend geplant werden konnte und somit bei der Knappheit von Ressourcen nicht zur Verfügung steht. Das soll umgehend nachgeholt werden. Nach Aussagen einer deutschen Projektmitarbeiterin stimmten die Vorstellungen von Habitat nicht mit denen des Wohnungsbauministeriums überein: Sicher wäre es wünschenswert, für alle Menschen höherwertige Wohnbedingungen zu schaffen, dafür sind jedoch die Mittel nicht vorhanden. So wollte das Wohnungsbauministerium nicht mit staatlicher Beteiligung bessere Wohnbedingungen für Wenige akzeptieren. Als Zielgruppe dieses Kleinprojektes waren neben den beiden ehemaligen Eignerinnen des Hauses die Mitarbeiter der Zeitung „Trabajadores“ vorgesehen, die selbst bei der Renovierung Hand anlegen wollen. MINVEC versprach, sich des Problems anzunehmen. Als Projektpartner kommt für Monimbó die christliche Initiative „Martin Luther King“ in Frage, mit der bereits zusammengearbeitet wird. Das Gebäude, so wie es jetzt da steht, ist in einem so unüberschaubar schlechten Zustand, dass man die Architektin (ehemals Habitat Cuba, jetzt Wohnungsbauministerium) und die deutsche NRO zu ihrem Mut nur beglückwünschen kann. Im Gespräch zwischen den Begünstigten, der deutschen NRO,bengo und MINVEC waren die Begünstigten äußerst zurückhaltend, erhoben keine Forderungen sondern waren nur bemüht, ihrer Hoffnung, die Renovierung doch endlich gemeinsam voran zu bringen, Ausdruck zu verleihen. Gespräch mit SAPPCH (Secretaría Adjunta para la Colaboración con el Exterior), PT von KarEn und Besuch der Schule Volodia. (P 2000 3429 8 „Sanierung des Kinderheimes Volodia“), sowie der Heimschule bzw. auf der Baustelle von P 2002 1447 5 Sanierung des Kinderheimes „Angel Ameijeiras“, Havanna Die SAPPCH ist eine staatliche Stelle, die ausschließlich auf der Ebene der Stadt Havanna im Prinzip die gleiche Funktion hat wie MINVEC landesweit. Gerade deswegen könnte es hier auch ab und an zu Konkurrenz zwischen beiden Institutionen kommen, denn das MINVEC behält ja seine übergeordnete Zuständigkeit auch für Havanna. Die Renovierung und der Ausbau der Schule Volodia hat den Kindern eine enorme Verbesserung ihrer Lebensbedingungen gebracht. Das Gebäude ist luftig gebaut und kindgerecht farbenfroh renoviert.[1] Ein großes Wandgemälde wurde von einem der Väter hergestellt.[2] Der Aufbau der hauseigenen Landwirtschaft konnte noch nicht vollständig abgeschossen werden, da zunächst die Trockenheit die Pflanzungen verhinderte und später der Regen den Aufbau von Windrad und Stallungen[3]. Es herrscht eine fröhliche Stimmung, die Kinder werden liebevoll betreut. Das Solarkabinett wird genutzt.[4] Man ist gerade dabei, Schulmaterialien für den Bereich Solarenergie zu erarbeiten. Sowohl Volodia als auch Angel Ameijeiras liegen am Rande von Havanna, Richtung Flughafen. Die Baustelle von Angel Ameijeiras sieht absolut chaotisch aus. Nur das fertige Werk Volodia lässt hoffen, dass auch daraus einmal eine funktionstüchtige, gut renovierte Heimschule werden wird. [5] P 1999 3417 5 „Blindheitsverhütung Cuba-Ost“ und P 2001 3411 4 „Stärkung blindheitsverhütender Dienste auf West- und Zentral-Kuba“, CBM Gespräch mit dem Consejo de Iglesias de Cuba (CIC), Besuch des Ausbildungskrankenhauses Pando Ferrer, Havanna; Besuch des pharmazeutischen Betriebes Julio Trigo, Havanna CIC ist ein Zusammenschluss von 23 evangelischen Kirchen in Kuba. Insgesamt gibt es etwa 54. Man schätzt, dass nur 10 – 20% der KubanerInnen Christen sind, andere Schätzungen rechnen afro-kubanische Glaubensrichtungen zu den Katholiken, da die meisten zumindest getauft sind. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus startete Fidel Castro von einer Konferenz aus einen weltweiten Aufruf an die evangelischen Kirchen, Kuba zu helfen. Daraufhin begann u.a. die Zusammenarbeit mit ‚Brot für die Welt’ und CIC wurde sich ab 1992 seiner sozialen und humanitären Verpflichtung bewusst. Zuvor hatte CIC sich ausschließlich mit kirchlichen Belangen befasst. Die Arbeit im Gesundheitsbereich, wie hier in der Blindheitsverhütung, wird mit dem Gesundheitsministerium koordiniert. Eine Frage zur Nachhaltigkeit des Projektes, in dessen Rahmen ja auch Verbrauchsmaterialien beschafft werden, wurde folgendermaßen beantwortet: Man hofft auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, um z. B. die Grundstoffe für Medikamente nach Abschluss des Projektes selbst erwerben zu können. Ihr Kauf ist bereits im Haushalt des Gesundheitsministeriums eingeplant. Klar ist aber auch, dass, wenn sich die wirtschaftliche Situation verschlechtern sollte, es auch hier wieder einen Einbruch geben wird. Dass die Erwartung einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation eine reale Grundlage hat, zeigt eine andere Beobachtung im Gesundheitsbereich: Als ich im Auftrag einer deutschen NRO den Familienarzt eines Dorfes in den Bergen um Baracoa fragte, welche Medikamente oder kleineren Verbrauchsmaterialien er beim nächsten Besuch aus Deutschland mitgebracht haben möchte, antwortete er, dass sich die Medikamentenversorgung so weit verbessert habe, dass jetzt kein dringender Bedarf bestehe. Vor wenigen Jahren sah das noch ganz anders aus. Im Betrieb Julio Trigo werden etwa 26 verschiedene Medikamente im Zwei- oder Dreischichtbetrieb hergestellt. Die Qualitätskontrolle findet in dem Labor des Betriebes statt, was bedeutet, dass die Augentropfen etwa zwei Wochen nach der Produktion zur Auslieferung bereit stehen. Für die Verteilung auf Provinzen und Krankenhäuser ist die Firma „Pharma Cuba“ zuständig. Die Tropfen werden unter dem Herstellungspreis verkauft, in Krankenhäusern nach Bedarf kostenlos abgegeben. P 2001 1678 0 „Verbesserung der Basisgesundheitsversorgung“,
Das Projekt steht kurz vor seinem Beginn. Es soll eine solare Warmwasserversorgung für das Kinderkrankenhaus, das aus mehreren Einzelgebäuden besteht, finanziert werden. Die bürokratischen Hürden sind noch nicht alle genommen. Die Zusammenarbeit läuft folgendermaßen: ICAP als Projektpartner hat den Kontakt zu Soli Cuba hergestellt und pflegt ihn, ist Ansprechpartner der deutschen NRO. Nachdem es aus Deutschland grünes Licht für die Projektfinanzierung gegeben hat, beantragt MINVEC die Eröffnung eines Projektkontos. Der Chefarzt des Krankenhauses[6] ist oberste Instanz des regionalen MINSAP (Gesundheitsministerium) und damit Begünstigter. Für alle Ausgaben müssen drei Personen zeichnen. MINVEC holt gemäß der Detailplanungen für das Projekt Angebote ein und der Chefarzt entscheidet maßgeblich über den Einsatz der Mittel. Die Abrechnung wird dann vom MINVEC erstellt. CITA und „Parks für erneuerbare Energien“ CITA (Centro Integrado de Tecnología Apropiada) ist eine interdisziplinäre Einrichtung, die zum nationalen Institut für Hydraulik gehört. Am Rande von Camagüey liegt ein Schulungs- und Forschungszentrum mit einem Park, in dem Kindern der Zugang zu erneuerbaren Energien vermittelt werden soll. So kann z. B. durch Betätigen einer Wippe oder das Treten von Fahrradpedalen Wasser gepumpt werden. Der Besuch dieser Parks soll in den Schulunterricht integriert werden. Soli Cuba e. V. überlegt eine Projektzusammenarbeit zur Gestaltung eines solchen Parks.[7] P 2002 1541 8 „Organische Landwirtschaft, Camagüey“, KATE, PT:
CEDEPA (Centro de Estudios para el Desarrollo de la Producción Animal), CEDEPA gehört zur landwirtschaftlichen Fakultät der Universität von Camagüey; die hochqualifizierten MitarbeiterInnen werden von der Universität bezahlt. CEDEPA forscht, schult und berät die Bauern der Gemeinde Tagarro. Es werden Materialien für die Fortbildung erstellt, Seminare und Treffen in Taburete angeboten, außerdem besucht CEDEPA die Bauern auf ihren Höfen, um Erfahrungen auszutauschen, Probleme zu besprechen, das weitere Vorgehen zu planen. Ich besuchte verschiedene Bauernhöfe[9], die Projektstandort für Biogas, Wurmkultur- oder Kompostanlagen sein werden. Die Zusammenarbeit mit den Bauern wirkt unbürokratisch und gut nachbarschaftlich. Die Tatsache, auf wessen Grund nun die einzelne Anlage entstehen soll, spielt ganz offensichtlich keine so bedeutende Rolle, wie wir in der Antragsbesprechung vermutet hatten. Der gemeinsame Nutzen hat etwas Selbstverständliches und die kontinuierliche Betreuung durch CEDEPA schafft einerseits ein Forum, um Unstimmigkeit auszusprechen und zu klären. Andererseits erscheinen die Auswahlkriterien sachlich begründet (Interesse, Mitarbeit, Erfahrung, Voraussetzungen, z. B. Verfügbarkeit von Rohstoffen), transparent und nachvollziehbar. CEDEPA vermittelt darüber hinaus den Eindruck von Kontinuität, dass die Projekte keinen abschließenden Charakter haben, sondern immer wieder neue Programme und Finanzierungsquellen gefunden werden, um die Arbeit fortzusetzen. Das Projekt stand kurz vor dem Beginn. Die erste Rate des Geldes aus Deutschland war gerade eingetroffen und es gehörte zu den aktuellen Neuerungen, dass die Mittel nicht mehr über das zuständige Ministerium in Havanna sondern direkt auf das Konto der Organisation vor Ort transferiert werden können. P 1999 1540.6 „Trinkwasserversorgung“, P 2001 1572 3 „Bewässerung und Tränkwasserbereitstellung in kleinbäuerlicher Landwirtschaft“, DWHH; PT: ACPA (Asociación Cubana de Producción Animal) [10] Zunächst Besuch in einem Dorf, das jetzt Hausanschlüsse für Trinkwasser hat. Die permanente Verfügbarkeit von Wasser habe ihr Leben total verändert, sagen die Familien. ACPA bestätigt, dass die Einrichtung von Wasserkomitees auf Anregung des ausländischen Partners zurückzuführen ist. Sie sind angenehm überrascht, wie gut diese Initiative, die für ACPA ein Experiment darstellte, angenommen wird. Vor jedem Haus befinden sich Wasseruhren[11] – die „Wasserwartin“ sammelt das Wassergeld ein, das verbrauchsabhängig erhoben wird. Sie soll aus den Einnahmen des „Wasserpfennigs“ entlohnt werden. Die Einnahmen sind jedoch so gering, dass es nicht zu einem Gehalt reicht, das deshalb von der Gemeinde ergänzt werden muss. Die dauerhafte Verfügbarkeit von Wasser hat also nicht zu einem verschwenderischen Umgang damit geführt. Es gehört auch zu den Aufgaben der Wasserwartin, darüber zu wachen, dass das Wasser sparsam verwendet und nicht zur Bewässerung genutzt wird. Außerdem ist sie für die Wartung der Pumpenstation[12] zuständig und sorgt dafür, den Hochbehälter regelmäßig aufzufüllen. Als Anerkennung ihres Engagements erhält sie von ACPA einen Blumenstrauß und den Dank für ihren Einsatz.[13] Die Kooperative, die wir besuchen, hat 60 Mitglieder und gehört zu den Neugründungen, die Mitte der 90er Jahre entstanden, als in einer umfassenden Agrarreform staatliche Betriebe aufgelöst wurden, um die landwirtschaftliche Bewirtschaftung Privatbauern und Kooperativen zu übertragen. Die Rinder geben hier nur durchschnittlich 5 l Milch am Tag. Aber ohne permanente Verfügbarkeit von Tränkwasser sinkt die Milchgabe auf durchschnittlich 3 l täglich und die Situation verschlechtert sich so, dass viele Tiere ernsthaft erkranken oder sogar verenden. Was die Verfügbarkeit von Wasser bewirkt, wird erst deutlich, wenn man nach der Trockenzeit durchs Land fährt und die abgemagerten Rinder auf den ausgedorrten Weiden sieht. Bei dieser Kooperative sind die Viehtränken zu besichtigen[14], die im Rahmen des o.g. Projektes entstehen. Das Wasser wird mit Windmühlen gefördert.[15] Mit Hilfe von Bewässerung wurde hier eine ganz besonders effiziente Art der Viehfütterung entwickelt: Die Weiden werden um eine vertikale Komponente erweitert. Besonders proteinhaltige Futterpflanzen wachsen an schräg gestellten Zaunflächen empor, die in Reihen über die ganze Weidefläche aufgestellt sind. Zwischen den Reihen grasen die Kühe und fressen das Futter von den Zäunen. Sind die Zäune leer, werden die Rinder in den nächsten Zwischenraum gelassen, während am Anfang der Weide durch Bewässerung dafür gesorgt wird, dass das Futter rechtzeitig nachgewachsen ist, bis die Kühe wieder zu dieser Stelle kommen.[16] Rindfleisch wie Milch haben in Kuba eine besondere Bedeutung. Sie sind auf dem Markt nicht frei verkäuflich. Der Staat ist alleiniger Abnehmer, um einerseits Kinder, Schwangere und ältere Menschen über besondere Programme zu versorgen und andererseits den Tourismus-Bereich zu beliefern und damit Deviseneinnahmen zu sichern. Schweinefleisch, Hähnchen u.a. können dagegen nach Angebot und Nachfrage auf den Märkten verkauft werden (1/2 kg Schweinefleisch kostet morgens ca. 20 Pesos, abends sinkt der Preis). P 2000 1572 7 „Medizinische Grundversorgung, Banes/Holguin“, P 2002 1539 2 „Verbesserung der geburtlichen Grundversorgung in Holguin“, Humanitäre Kuba Hilfe, PT: ICAP; Besuch im „Hogar materno 8 de marzo“[17] und im „Hospital Lenin“[18], Holguin; Besuch im neugebauten Bezirkskrankenhaus Banes mit Poliklinik. Das kubanische Gesundheitssystem basiert auf drei Stufen, den Familienarztpraxen in den Wohnvierteln und Dörfern, den Politkliniken und den spezialisierten Krankenhäusern. Der „hogar materno“ ist eine medizinische Tagesbetreuung für Problemschwangerschaften. Einige Zahlen aus dem Gesundheitsbereich in der Provinz Holguin im Vergleich zu der Zeit vor der Revolution:
In den besuchten Einrichtungen wird deutlich, wie wichtig hier Sachspenden für das Funktionieren des Gesundheitswesens sind. Allein durch die Beschaffung gebrauchter Dialysegeräte konnten zahlreiche Menschenleben gerettet werden. Die Gebrauchsgegenstände können in Kuba selbst repariert werden, z. T. restauriert, umgearbeitet (Motoren umwickeln wegen 50 hz statt 60 hz) und angeschlossen. Qualifiziertes Personal für diese Arbeiten ist vorhanden. In den Apotheken in Krankenhäusern und Kliniken werden die gespendeten Medikamente, (z. T. Haushaltspackungen, winzige Mengen), sortiert und gesondert gelagert. Man lässt Beipackzettel übersetzen und alles wird noch sinnvoll eingesetzt. Zur Zeit gibt es Bemühungen von HCH, Einkäufe direkt in Kuba zu tätigen und zwar über die Firma von MINVEC in der Zona Franca. Es wird versucht, die Einkäufe direkt über die Partnerorganisation, das ICAP vornehmen zu lassen, wenn die entsprechenden Verträge geschlossen sind. In dem schönen, neu gebauten Bezirkskrankenhaus mit „Policlinica de Banes“[19], das im Rahmen des Projektes von HCH ausgestattet wird, fallen bauliche Mängel gerade deshalb besonders auf, weil es so neu ist. In den Wänden fehlen Feuchtigkeitssperren, so dass man verfolgen kann, wie die Wände schon von unten her zerfressen werden und die Farbe dadurch abblättert. In einigen Toiletten läuft das Wasser ständig.
An zwei Stellen war das Wasserleitungssystem defekt. Es tropfte aus der Decke. Also wurde ein Loch in die Verkleidung geschlagen und ein Eimer unter das Leck gestellt, anstatt das Rohrleitungssystem zu reparieren. Das ist gerade unter dem wohlüberlegten und langfristig geplanten Einsatz knapper Mittel sehr schade. P 2001 1588 1 „Verbesserung der medizinischen Grundversorgung“, Cuba Solidarität Würzburg e. V., PT: Cuba Solar, Besuch von Familienarzthäusern in Las Minas und Quivijan, Besuch der Dorfschulen in beiden Orten In Las Minas und Quivijan gibt es Strom über eine Miniwasserkraftanlage. Doch diese Stromversorgung ist nicht das ganze Jahr über durchgängig gesichert. In der Trockenzeit reicht die Wassermenge nicht aus, um die Turbine zu betreiben. Beide Orte sind nur mit einem Geländefahrzeug zu erreichen. Vor allem Las Minas liegt schwer zugänglich in den Bergen. Der Weg, der dorthin führt, kreuzt 25 mal einen Fluss[20]. In den Ärztehäusern leisten junge Ärzte, bevor sie sich zum Facharzt qualifizieren, eine Art Anerkennungsjahr. Sie sind damit vom Militärdienst befreit. Die Frage, ob es nicht schwierig sei, das Vertrauen der BewohnerInnen zu gewinnen, wenn sehr junge Leute für die medizinische Betreuung zuständig sind, die dann auch noch jährlich wechseln, wurde verneint. Man schätze die medizinische Versorgung an sich und habe Vertrauen in die Qualifikation. Die Ärztehäuser haben mittels der Fotovoltaik-Anlagen immer Strom, der Untersuchungen erlaubt, die zuvor nicht möglich gewesen wären[21], Licht in den Abendstunden, den Betrieb eines Kühlschrankes zum Aufbewahren von Medikamenten und eines Funkgerätes, um die Verbindung zur Stadt zu halten und in Notfällen Hilfe zu holen[22] sowie ein Fernsehgerät, das die Dorfbewohner für Schulungszwecke nutzen. Der Arzt besucht die PatientInnen, die noch abgelegener in den Bergen, außerhalb von Dörfern leben, wenn sie nicht zum Zentrum kommen. Die Betreuung durch den Arzt reicht über den medizinischen Bereich hinaus und hat eine starke sozialarbeiterische Komponente. Auf die Frage, welchen dringenden Bedarf es in diesen Dörfern jetzt gebe, antwortete der Arzt, die Ausstattung der Schulen mit Fotovoltaikelementen. Grundlage hierfür ist ein staatlich-kubanisches Programm, das alle Schulen mit Computer und Video ausstattet. Für die ganzjährige Nutzung wird auch in den Schulen eine zuverlässige Stromversorgung gebraucht. In allen besuchten Dorfschulen waren bereits Computer vorhanden und wurden rege genutzt[23], z. T. waren auch schon Videoanlagen installiert oder gesonderte Videoräume befanden sich im Bau[24]. Fazit: - Kuba wirkt in vielen Bereichen wie ein hochentwickeltes Land, insbesondere was Bildung, Gesundheit, soziale Sicherung anbelangt. Trotzdem ist jede mögliche Unterstützung wichtig und sinnvoll, damit die erreichten Standards für die Bevölkerung im Bereich der Grundsicherung erhalten bleiben und ausgebaut werden können. - Ohne Beteiligung des MINVEC sind Projekte in Kuba undenkbar. - Durch den relativ aufwendigen vorgeschalteten Abstimmungsprozess mit den zuständigen staatlichen Stellen, dauert die Vorbereitung eines Projektes oft länger als die NRO einplanen. - Qualifizierte Kräfte sind in all den besuchten Projektbereichen vorhanden, so dass keine „Experten“ nach Kuba entsandt werden müssen. Karin Gierszewski, 02.08.2002
[1] Außenansicht Volodia [2] Wandgemälde, erstellt von einem der Väter [3] Gewächshäuser, Teil der Landwirtschaft der Schule [4] Schüler aus dem Solarkabinett zeigen ein Experiment [5] Heimschule in Renovierung: „Angel Ameijeiras“ 6 Chefarzt des Kinderkrankenhauses, Vertreter von ICAP [7] Über das Pedal oder durch wippen wird Wasser gefördert [8] Eingang zur Finca Taburete [9] Besuch auf einem Bauernhof, der privat bewirtschaftet wird. Die Familie siedelte sich erst vor 2 Jahren hier an. [10] MitarbeiterInnen von ACPA aus den Provinzen Las Tunas, Holguin und Camagüey (bis auf eine) [11] Wasseruhren an Hausanschlüssen [12] Pumpenstation und Hochbehälter [13] Dank & Blumen an die engagierte Wasserwartin [14] Viehtränken, in die das Wasser aus einem Hochbehälter fließt. [15] Windmühlen [16] Fütterung unter Nutzung der Vertikalen [17] „Hogar materno 8 de marzo“ [18] Hospital „Lenín“ [19] Bezirkskrankenhaus Banes [20] Der Vierradantrieb wird eingeschaltet für die Flussdurchfahrten [21] Erweiterung der Untersuchungsmöglichkeiten mittels Elektrizität [22] Kontakt zur Außenwelt über Funk [23] Sowohl in Las Minas als auch in Quivijan sind in den Grundschulen Computer vorhanden [24] „Sala de Video“ im Bau in „La Dalía“, Banes |